Auf manchen Anlieger kommen mit dem Bescheid über Erschließungsbeiträge hohe Kosten zu. Im Einzelfall kann sich eine Überprüfung durchaus lohnen.
Werden in einem Neubaugebiet endlich Straßen, Bürgersteige und Straßenbeleuchtung fertiggestellt, dann lassen Bescheide über zu zahlende Erschließungbeiträge nicht lange auf sich warten. In älteren Siedlungen, wenn nach Jahren der Klage über schlechte Straßenverhältnisse und abgesackte Bürgersteige Bautrupps anrollen, handelt es sich zumeist um Bescheide über Strassenbaubeiträge. Die ausgewiesenen Beiträge sind dann binnen eines Monats nach Zugang der Bescheide zu bezahlen, Widersprüche haben keine aufschiebende Wirkung.
Erschließungsbeiträge werden für die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage erhoben. Der Umfang dessen, was herzustellen ist, ergibt sich aus dem zuvor beschlossenen Bauprogramm. Wird die Anlage in Teilen fertiggestellt, kann bei gehöriger Beschlussfassung der zuständigen Gremien auch eine Teilbeitragspflicht entstehen. In derartigen Fällen spricht man von Kostenspaltung für die Erschließungsbeiträge. Der Ausspruch der Kostenspaltung muss der Verwaltungsakte eindeutig entnommen werden können.
So sehen sich Anlieger plötzlich mit Belastungen durch Erschließungsbeiträge konfrontiert, mit denen sie nicht (mehr) gerechnet haben. Auf der anderen Seite kommt es vor, dass nach Auffassung der Kommune Verbesserungen, Erweiterungen oder Erneuerungen von Straßen wiederholt zur Erhebung von Beiträgen berechtigen. Nach den Kommunalabgabengesetzen der Länder, gegebenenfalls in Verbindung mit speziellen Straßenbaubeitragsregelungen, ist das möglich.
Der jeweiligen Kommune steht dabei jedoch kein Wahlrecht zu, wie es ab und an scheinen mag. Die „richtige“ Rechtsgrundlage ist für die Erhebung der Erschließungsbeiträge beziehungsweise Strassenbaubeiträge ausschlaggebend. Wartet eine Kommune mit der Abrechnung zu lange, geht sie von falschen Voraussetzungen aus. Zudem läuft sie Gefahr, dass die Ansprüche verjähren, wenn die falsche Rechtsgrundlage gewählt wird.
In einer norddeutschen Großstadt war und ist häufiger zu beobachten, dass sich Zweifel an der „erstmaligen Herstellung“ der jeweiligen Erschließungsanlagen und damit auch an der Erhebung der Erschließungsbeiträge ergeben. Teilweise ging der Anstoß zur Herstellung von Erschließungsanlagen bereits auf den Zeitraum 1900 bis 1910 (!) zurück. Die Ausführung der Arbeiten zog sich bei genauerer Betrachtung allerdings bis in die Gegenwart.
Diese Umstände bewogen die Kommune dennoch nicht, die Vorgänge genau aufzuklären und rechtlich korrekt abzuwickeln. Sie entdeckte für sich eine Anfang des Jahrzehnts neu geschaffene Rechtsgrundlage. Dadurch unterstellt sie schlicht die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage. Kurzerhand wurden durchzuführende Arbeiten als Verbesserung, Erweiterung oder Neuherstellung von Straßen und Wegen erklärt. Auf dieser Grundlage sollten Beiträge erneut, nunmehr als Strassenbaubeiträge in nicht unerheblicher Höhe auf die Anlieger umgelegt werden.
Die Kommune hatte in diesem Fall jedoch nicht mit einer Anliegerin gerechnet, die sich noch daran erinnern konnte, dass ihrer Ansicht nach Erschließungsbeiträge bereits bezahlt, ein endgültiger Ausbau der bezahlten Anlage aber nicht vorgenommen worden war. Die Anliegerin erinnerte sich daran, dass noch im Jahre 1980 ein so genannter Ablösevertrag abgeschlossen worden war. Während der nachfolgenden mehr als 20 Jahre konnten allerdings keine abschließenden Arbeiten beobachtet werden. Als ihr dann im Jahre 2008 Bescheide über Straßenbaubeiträge ins Haus flatterten und sie sich, mittlerweile Rentnerin, untragbar hohen Forderungen ausgesetzt sah, ließ sie die Bescheide überprüfen.
Es konnte den Akten nämlich nicht entnommen werden, dass die Erschließungsanlage jemals ordnungsgemäß hergestellt worden war. Nach der bundesrechtlichen Regelung der § 127 ff Baugesetzbuch scheidet aber die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen aus, wenn Erschließungsbeiträge erhoben werden können.
Von der Möglichkeit einer Kostenspaltung hatte die Kommune nach Aktenlage erkennbar keinen Gebrauch gemacht. Schließlich hatte die Kommune den Abschluss eines Ablösevertrages aus dem Jahre 1980 negiert oder ganz für sich ausgelegt. Das in diesem Fall angerufene Verwaltungsgericht zeigte der Kommune die Rechtswidrigkeit ihres Handelns deutlich auf.
Mittlerweile wurden die Bescheide gegen die Betroffenen aufgehoben. Ferner bestätigte die Kommune, keine Beiträge mehr - weder aus dem einen noch dem anderen Rechtsgrund - zu erheben. Die Ansprüche wären, einen unwirksamen Ablösevertrag unterstellt, auch nach Erschließungsrecht nicht mehr durchsetzbar gewesen. Sie waren nach endgültiger Herstellung der Erschließungsanlage im Jahre 2002/03 im Jahre 2009 verjährt.
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