Kündigungsschutz für Geschäftsführer III
Kündigungsgründe in der Person des Geschäftsführers sind in der Regel Langzeit- oder häufige Kurzerkrankungen.
Insoweit ergeben sich keine großen Unterscheide zu der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Möglicherweise könnte sich jedoch zugunsten des kündigenden Unternehmens eine Herabsetzung der Wirksamkeitsschwelle ergeben. Der krankheitsbedingte Ausfall eines Geschäftsführers kann mangels ausreichend übernahmefähiger Kollegen schwerer wiegen als etwa bei einem einfachen Arbeitnehmer.
Keinesfalls kann aber der durch Widerruf hervorgerufene Verlust der Organstellung als Geschäftsführer als ein Grund für die personenbedingte Kündigung dienen. Dies hat der BGH ausdrücklich verneint. Andernfalls würde dies dazu führen, dass die Vereinbarung keinen rechtserheblichen Inhalt mehr haben würde. Denn dann läge es allein in der Hand der Gesellschaft durch die Abberufung zugleich auch den Grund für die Kündigung des Geschäftsführers zu schaffen.
Verhaltensbedingte Gründe
Soweit es die verhaltensbedingte Kündigung betrifft, also die Kündigung wegen eines vertragswidrigen Verhaltens, entspricht es der gängigen Rechtsprechung, dass grundsätzlich eine vorherige Abmahnung zu erfolgen hat. Bei Geschäftsführer-Verträgen ohne die besagte Vereinbarung über die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes hat der BGH das Erfordernis einer Abmahnung allerdings bislang abgelehnt (Urteil vom 2. Juli 2007 - Aktenzeichen: II ZR 71/06).
Soweit die Parteien jedoch die Anwendbarkeit des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz vereinbaren, muss etwas anderes gelten. Denn sie unterwerfen sich dann grundsätzlich auch der speziell hierzu ergangenen Rechtsprechung. Es spricht demgemäß mehr für als dagegen, dass in diesem Fall auch das grundsätzliche Erfordernis einer vorherigen Abmahnung zum Tragen kommt.
Betriebsbedingte Gründe
Im Hinblick auf eine betriebsbedingte Kündigung ergeben sich keine Besonderheiten. In diesem Fall wird die GmbH zunächst darzulegen haben, dass der Arbeitsplatz des Geschäftsführers weggefallen ist und keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht. Dies wird auf Geschäftsführerebene möglicherweise durch geschickte Umstrukturierungen leichter zu bewerkstelligen sein als bei einem einfachen Arbeitnehmer.
Auch wird eine Sozialauswahl vorzunehmen sein, wobei sowohl auf Hierarchieebene als auch bei der Tätigkeit eine Vergleichbarkeit vorliegen muss. Auf Hierarchieebene dürften sich innerhalb der Geschäftsführerriege keine große Problem ergeben, bei der Tätigkeitsbezogenheit hingegen schon. Denn nicht selten werden den verschiedenen Geschäftsführern unterschiedliche Ressorts zugeteilt, die diese jeweils führen. Unterschiedliche Tätigkeitsbereiche könnten daher mangels Vergleichbarkeit der Tätigkeit die Sozialauswahl zu Gunsten der GmbH ausfallen lassen.
Einwand der Änderungskündigung
Abschließend ist noch der Einwand des Vorrangs der Änderungs- gegenüber der Beendigungskündigung anzuführen. Wenn der Geschäftsführer geschickt verhandelt und das Ruhen seines bisherigen Arbeitsverhältnisses für die Zeit seiner Bestellung zum Geschäftsführer vereinbart hat, ergibt sich dieser Einwand nicht. Denn sollte er es aus der Stellung eines leitenden Angestellten heraus zum Geschäftsführer gebracht haben, würde diese anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Fall der Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages wieder aufleben. Für den Fall, dass dies nicht vereinbart worden sein sollte, wird dieses Argument allerdings Berücksichtigung finden müssen.
Konsequenz bei unwirksamer Kündigung
Nach alledem bietet dem Geschäftsführer die Vereinbarung des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz sicherlich einen nicht unbeträchtlichen Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Doch was ist die Konsequenz? Behält er im Zweifel seinen Job, obwohl die Funktionsfähigkeit der GmbH Vorrang haben soll? Sie könnte massiv gefährdet sein, wenn es die GmbH nicht schafft, einen missliebig gewordenen Geschäftsführer abzuberufen oder zumindest verpflichtet bleibt, ihm über Jahre hinweg dasselbe Gehalt zahlen zu müssen.
Vertragsauflösung durch richterliche Entscheidung
Hierzu hat der BGH einen Lösungsweg aufgezeigt. Danach sei die Vertragsauflösung durch richterliche Entscheidung nach dem KSchG einer modifizierenden Parteivereinbarung zugänglich. Die richterliche Auflösungsbefugnis könne zwar von den Parteien nicht unmittelbar vereinbart werden, der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien könne sich aber auf diese Lösungsmöglichkeit beziehen. Die GmbH sei im Fall einer unwirksamen Kündigung daher berechtigt, durch einseitige Erklärung das Anstellungsverhältnis gegen Gewährung einer angemessenen Abfindung aufzuheben. Die Höhe sei im Rahmen des § 10 KSchG nach Maßgabe der §§ 315 ff. BGB zu bestimmen.
Wie hoch diese ausfallen wird, ist weder für Arbeitgeber- noch für Geschäftsführerseite prognostizierbar. Entsprechendes gilt für die Unwägbarkeiten bei der Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung. Vorzuziehen ist daher ein Vertrag, der von vornherein für den Fall einer vorzeitigen Abberufung die Voraussetzungen und die Höhe der Abfindung regelt.
Co-Autor: RA Massimo de La Riva, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Das könnte Sie auch interessieren:
-
-
-
Ab Erhalt einer Kündigung haben Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Entscheidung, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses akzeptiert wird. Es lohnt sich, innerhalb dieser Zeit zu klären, ob eine Abfindung in angemessener Höhe bezahlt wird.
Weiterlesen
-
„Wenn der Arbeitgeber kündigt, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung – zumindest doch dann, wenn die Kündigung rechtswidrig war“ – so in etwa lautet eine weit verbreitete Annahme vieler Arbeitnehmer. Dies ist jedoch falsch! Denn grundsätzlich hat der Arbeitnehmer gerade keinen Anspruch auf Abfindung.
Weiterlesen
-
Die Corona-Krise hat keinen Einfluss auf vertragliche, wie aber auch gesetzliche Regelungen in Arbeitsverhältnissen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Insbesondere bleiben die Schutznormen aus dem BGB, dem Kündigungsschutzgesetz und allen weiteren Schutznormen aus dem Arbeitsrecht unangetastet.
Weiterlesen
-
Die Corona-Pandemie erfasst die gesamte Gesellschaft und so auch das gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben. Das Arbeitsrecht ist hiervon in besonderem Maße betroffen. Viele Arbeitgeber stellen sich aktuell die Frage: Kann mich der Arbeitgeber wegen Corona kündigen?
Weiterlesen
-
Eine Kündigung kann aus diversen Gründen unwirksam sein. Bestehen rechtliche Zweifel an der Wirksamkeit, sind eine Anfechtung und Kündigungsschutzklage ratsame Maßnahmen.
Weiterlesen
-
Mit Urteil vom 19.02.2019 hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zum Verfall des Resturlaubs mit Ablauf des Kalenderjahres nach § 7 Abs. 3 BurlG geändert. Anlass hierzu gaben – wie so oft – die luxemburgischen Kollegen vom Europäischen Gerichtshof. Jetzt aber erst einmal der Reihe nach
Weiterlesen
-
Wer plötzlich die Kündigung des Arbeitgebers in den Händen hält, ist oft verunsichert, wie er reagieren soll. Umso wichtiger ist es, einen kühlen Kopf zu bewahren und über eine Kündigungsschutzklage nachzudenken.
Weiterlesen
-
Steht einem Arbeitnehmer, dem das Arbeitsverhältnis gekündigt wird, ein Anspruch auf eine Abfindung zu? Die aus Arbeitnehmersicht ernüchternde Antwort hierauf lautet: Grundsätzlich nicht.
Weiterlesen
-
Kündigung und Kündigungsschutzklage - Wer eine Kündigung von seinem Arbeitgeber erhält, ist in den meisten Fällen erst einmal geschockt. In einigen Fällen hat man zwar damit gerechnet, aber wenn man die Kündigung dann tatsächlich in den Händen hält, ist man doch zumindest überrascht.
Weiterlesen
-
Bei Kündigungen während des Urlaub des Arbeitnehmers oder im Krankheitsfall gibt es nach wie vor weit verbreitete Irrglauben in Sachen Unwirksamkeit
Weiterlesen
-
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) bietet immer wieder Gelegenheiten entscheidente Fehler zu machen. Oft ist schon die Einladung hierzu fehlerhaft, der bloße Hinweis auf Gesetzesvorschriften reicht grundsätzlich nicht aus. Dem Arbeitnehmer ist deutlich zu machen, dass es um seinen Arbeitsplatz und die Möglichkeiten seiner Weiterbeschäftigung in einem ergebnisoffenen Verfahren geht, in welches er auch Vorschläge einbringen kann.
Weiterlesen
-
Einen sicheren Schutz vor der (weiteren) Verbreitung eines einmal abgegebenen Postings oder Kommentars im Netz gibt es nicht. Vielmehr muss der Arbeitnehmer stets damit rechnen, dass seine Äußerungen weitergeleitet oder gar veröffentlich werden,...
Weiterlesen
-
Viele Arbeitnehmer genießen den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Danach bedarf die Kündigung zu ihrer Wirksamkeit betrieblicher, personen- oder verhaltensbedingter Gründe. Behinderte Menschen haben zusätzlich Sonderkündigungsschutz, denn das Integrationsamt muss vorher seine Zustimmung zur Kündigung erteilen. Eine ohne Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung des Arbeitgebers ist unwirksam.
Weiterlesen
-
Die Kündigung auf einen zulässig geforderten Mindestlohn ist wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB unwirksam.
Weiterlesen
-
Richtig kündigen ist eine Kunst. Es gibt viele Fallstricke, für den Arbeitgeber ebenso wie für den Mitarbeiter. Stichworte wie E-Mail und Zustellung beherrschen die Frage nach der Wirksamkeit der Kündigung.
Weiterlesen
-
Während der Elternzeit besteht grundsätzlich Kündigungsschutz, laut § 18 BEEG.
Weiterlesen
-
Richtig kündigen ist eine Kunst Immer wieder kommt es vor Gericht zu Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Kündigungen und deren Zugang.
Weiterlesen
-
Die Zurückweisung einer Kündigung ist normalerweise nur innerhalb von einer Woche möglich.
Weiterlesen
-
Bei der Kündigung eines minderjährigen Auszubildenden müssen viele formelle Anforderungen erfüllt werden.
Weiterlesen
-
Verstoß gegen das Schmiergeldverbot - Die Annahme von Eintrittskarten für ein Fußballspiel kann eine Kündigung rechtfertigen.
Weiterlesen
-
Neues zum Kündigungsschutz für GmbH-Geschäftsführer.
Weiterlesen
-
Ein Geschäftsführer, der mit seiner Abberufung rechnet, kann im Wege der einstweiligen Verfügung in der Regel kein Abberufungsverbot durchsetzen.
Weiterlesen
-
Beteiligung vom Personalrat bei der Kündigung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Weiterlesen
-
Rechtsmissbrauch bei der Unternehmerentscheidung zur betriebsbedingten Kündigung.
Weiterlesen
-
Bei Aufhebungsvertrag oder Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird der Arbeitnehmer oftmals freigestellt.
Weiterlesen
-
Die allgemeingültige Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gibt es nicht.
Weiterlesen
-
Darf man während der Arbeitszeit das Internet privat nutzen?
Weiterlesen
-
Außerordentliche Verdachtskündigung wegen des Vorwurfs außerdienstlichen Fehlverhaltens.
Weiterlesen
-
Kündigungsschutz für leitende Angestellte und Geschäftsführer.
Weiterlesen
-
Der Kündigungsschutz von Expatriates - wer im Ausland eingesetzt wird, sollte die Anwendung von deutschem Recht im Arbeitsvertrag vereinbaren.
Weiterlesen
-
Die Berechnung der Kündigungsfrist nach § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verstößt gegen EU-Recht.
Weiterlesen
-
Nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats unwirksam.
Weiterlesen