Eheverträge – oft ratsam, aber nicht alle Regelungen sind wirksam

Selbst wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen wirksam sind, kann sich jedoch aus einer Gesamtwürdigung aller Einzelregelungen zusammen eine Unwirksamkeit des Ehevertrages ergeben, „wenn das Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt“ (BGH a.a.O.).

Wer den Bund der Ehe eingeht, möchte nicht daran denken, was wäre, wenn die Ehe auseinandergehen würde.

Doch so unromantisch es auch sein mag, jede dritte Ehe wird geschieden. Und die Folgen der Trennung und Ehescheidung, die das Gesetz regelt, sind alles andere als romantisch und oft nicht berechenbar. Denn der Gesetzgeber hat zu Recht bei der Verfassung der familienrechtlichen Regelungen berücksichtigt, dass keine Ehe mit der anderen vergleichbar ist und es daher oft auf den konkreten Einzelfall ankommt. Lässt man sich dann beim Anwalt beraten, ob und wie lange man z.B. Unterhalt für den Partner bezahlen muss, bekommt man in der Regel als Antwort: „Es kommt darauf an.“

Wer eine Ehe jedoch nicht im blinden Vertrauen darauf schließen möchte, es werde schon alles gut gehen und wenn nicht, dann wird man schon sehen, was eine Trennung und Scheidung für Folgen haben wird, sollte einen Ehevertrag schließen, in dem diese Folgen konkret geregelt werden, abgestimmt die eigene Ehe und somit auf die konkreten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheschließenden.

Wer nun denkt, dass die Eheschließenden dann ja kein Vertrauen in die Ehe haben und sie von Anfang zum Scheitern verurteilt ist, möge darüber nachdenken, dass er auch auf eine Kreuzfahrt Rettungsbote mitnehmen wird, obwohl er fest davon überzeugt ist, diese nicht zu brauchen.

Wer sich also nun entschließt, einen Ehevertrag zu schließen, sollte dies auf jeden Fall nicht ohne anwaltliche Beratung machen, da nicht alle Regelungen wirksam sind.

Der Bundesgerichtshof prüft die Wirksamkeit eines Ehevertrages dabei in zwei Schritten:

Im ersten Schritt nimmt er eine „Wirksamkeitskontrolle“ vor, bei der er überprüft, ob Regelungen aus dem sog. Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ganz oder zum großen Teil geändert wurden, ohne dass diese Nachteile durch Einräumung von Vorteile kompensiert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten gerechtfertigt waren.

Zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehören in folgenden Rangstufen:

1. Rangstufe:

Unterhalt wegen Kindesbetreuung, an den der Alters- und Krankheitsvorsorgeunterhalt und der Versorgungsausgleich anschließen

2. Rangstufe:

Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit, Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt

3. Rangstufe:

Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt

Zum geschützten Kernbereich gehört nicht der Zugewinnausgleich. Dies gilt auch für Unternehmerehen, bei denen der selbstständig erwerbstätige Ehegatten seine Altersvorsorge nicht durch Bildung von Vorsorgevermögen im Sinne des § 2 Versorgungsausgleichsgesetzes, sondern im Wesentlichen durch die Ansammlung privaten Vermögens aufbaut (BGH, Beschluss vom 15.03.2017, XII ZB 109/16). Gerade für Unternehmerehen ist die Vereinbarung einer Gütertrennung von großer Bedeutung, da er ein berechtigtes Interesse hat, im Falle einer Ehescheidung sein Unternehmen zu erhalten. Würde sein Unternehmen bewertet werden und müsste er seinen Ehegatten über den Zugewinnausgleich entsprechend ausbezahlen, würde dies oft den wirtschaftlichen Ruin des Unternehmers bedeuten. Denn auch wenn das Unternehmen einen entsprechenden Wert hat, so liegt das Geld nicht auf dem Konto. Hinzu kommt, dass in vielen Gesellschaftsverträgen den Gesellschaftern aus diesem Grund oft auferlegt wird, Gütertrennung zu vereinbaren oder zumindest eine sog. modifizierte Zugewinngemeinschaft, bei der das Unternehmen für den Zugewinn ausgeschlossen wird.

Treffen nun die Ehegatten Regelungen zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts, bedeutet dies nicht, dass diese von vornherein wirksam sind. Zwar unterliegen sie nicht der freien Disposition der Ehegatten, sie sind aber nicht jeglicher Modifikation entzogen (BGH a.a.O.).

So sind beim Unterhalt wegen Kinderbetreuung z.B. Regelungen zulässig, wonach der Unterhalt der Höhe nach beschränkt wird, solange dadurch dem Ehegatten die persönliche Kinderbetreuung nicht unmöglich wird.

Beim Unterhalt wegen Alters und Krankheit ist sogar ein Ausschluss möglich, „wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbar ist, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten ein Ehegatte wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte“ (BGH a.a.O.)

Auch ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist grundsätzlich möglich, wenn dies aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten nicht dazu führt, dass ein Ehegatte im Scheidungsfalle keinerlei Altersvorsorge hat und somit im Alter von staatlicher Hilfe leben müsste. Gehen z.B. beide Ehegatten einer Erwerbstätigkeit nach und habe keine Kinder oder haben – etwa bei einer Zweitehe - bereits eine ausreichende Altersversorgung aufgebaut, ist ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs grundsätzlich wirksam.

Selbst wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen wirksam sind, kann sich jedoch aus einer Gesamtwürdigung aller Einzelregelungen zusammen eine Unwirksamkeit des Ehevertrages ergeben, „wenn das Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt“ (BGH a.a.O.). Bei der Gesamtwürdigung stellt der Bundesgerichtshof auf folgende Punkte ab:

1. objektive Seite:

Liegt objektiv eine einseitige Benachteiligung eines Ehegatten vor?

2. subjektive Seite:

Liegt eine einseitige Dominanz eines Ehegatten bei der Vertragsgestaltung, also keine Vertragsparität, vor?

3. Gesamtschau:

Unter welchen Umständen kam der Vertrag zustande? Waren beide Ehegatten gleichwertig in die Vertragsverhandlungen einbezogen?

4. Rechtsfolgen:

Führt der Ehevertrag zu einem kompensationslosen Totalverzicht eines Ehegatten?

Ist ein Ehevertrag bei der Prüfung im ersten Schritt nicht unwirksam, so erfolgt in einem zweiten Schritt die sog. „Ausübungskontrolle“.

Bei diesem Schritt wird geprüft, ob sich im Zeitpunkt des Scheitern der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge oder deren Modifizierung eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die für den anderen Ehegatten unzumutbar ist. Ist dies der Fall, darf sich der begünstigte Ehegatte nicht auf die vereinbarte Scheidungsfolge berufen, da dies ein „Missbrauch der eingeräumten Rechtsmacht“ wäre.

Dies kann z.B. der Fall sein, wenn sich die dem Vertrag zugrunde liegende Lebensplanung anders entwickelt hat:

Beispiele:

  • Aus der Ehe sind Kinder hervorgegangen, die bei Abschluss des Ehevertrages nicht geplant waren.
  • Eine Ehegatte hat sich selbstständig gemacht, was bei Abschluss des Ehevertrages nicht geplant war.
  • Bei einer modifizierten Zugewinngemeinschaft ergibt sich eine Ausgleichsverpflichtung des Ehegatten des Unternehmers.

Zwar kommt es also auch bei der Wirksamkeit von Eheverträgen auf die individuellen Verhältnisse des Einzelfalls an, anders aber als bei einer Ehescheidung, entscheidet nicht ein Richter über Ihre Rechte und Verpflichtungen, sondern Sie selbst können diese gestalten.

In Eheverträgen ist also viel „Musik“ drin. Wer möchte, dass sein „Rettungsboot“ auch seetauglich ist, sollte sich auf jeden Fall sachkundigen Rat bei einem Fachanwalt für Familienrecht einholen.

Über die Autorin
Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin, Schlichterin

Kanzlei Neumann & Neumann
Beyerlestr. 1
78464 Konstanz


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