Wer in Deutschland mit deutschen Geschäftspartnern Handel treibt, ist oft nicht an eine Rechtswahl gewöhnt.
Die Anbahnung und die Abwicklung von Geschäften zwischen deutschen Geschäftsleuten fallen unter die Rechtsordnungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Handelsgesetzbuches (HGB). Sobald das Geschäft Auslandsberührung aufweist, weil es in Deutschland mit einem Ausländer oder weil es im Ausland geschlossen wird, wird sehr oft der Boden dieser vertrauten Rechtsordnung verlassen, ohne dass sich die Geschäftspartner dessen bewusst sind. Am einfachsten wäre diese Aufgabe zu lösen, wenn es ein einheitliches Kaufrecht geben würde, dass auf alle Geschäftsabschlüsse anwendbar wäre. Eine solche Rechtsordnung ist das UN-Kaufrecht (BGBl. 1989 II, S. 588).
Die Spielregeln im Ausland sind anders und hängen von kulturellen Unterschieden sowie unterschiedlichen Rechtsordnungen ab. Welche Rechtsordnung anwendbar ist, richtet sich nach den Bestimmungen des sogenannten Internationalen Privatrechts (IPR). IPR ist Kollisionsrecht, das nach bestimmten Anknüpfungspunkten Aufschluss darüber gibt, welche Rechtsordnung auf einen konkreten Fall zur Anwendung kommt.
Ein großer Teil des IPR ist in bilateralen und multilateralen Staatsverträgen enthalten. Das (nationale) deutsche IPR ist im wesentlichen im Einführungsgesetzbuch zum BGB enthalten.
Die vertragliche Rechtswahl ist in der Praxis ungeliebt, unterschätzt und zumeist an letzter Stelle geregelt.
Beispiel: A ist Vertragshändler für dänische Maschinen. Er kauft diese bei B und verkauft auf eigene Rechnung. B erhöht die Preise um 30 Prozent. A möchte wissen, ob ihn ein Konkurrenzverbot hindert, bei C zu kaufen, der 20 Prozent billiger ist.
Ist deutsches Recht anwendbar, besteht ein solches kraft Gesetzes, ist das dänische Recht anwendbar, besteht kein Konkurrenzverbot.
Steht die Anwendbarkeit eines ausländischen Rechts fest, ist sein Inhalt zu ermitteln. Auch ein deutscher Richter hat von Amts wegen die maßgeblichen ausländischen Rechtsvorschriften festzustellen und sich hierbei aller erreichbaren Erkenntnisquellen zu bedienen, wobei ihn die Parteien zu unterstützen haben. Umstritten ist stets, ob sich der deutsche Richter im Wege des Zeugenbeweises ein Gutachten eines ausländischen Juristen verschaffen darf oder ob er sich das ausländische Recht aus eigener, zumeist nicht vorhandener Kenntnis zu verschaffen hat.
Die genaue Ermittlung ausländischen Rechts sollte stets einem ausländischen Juristen vorbehalten werden.
Dies ist jedenfalls dann zwingend erforderlich, wenn Rechtsbegriffe in verschiedenen nationalen Rechtsordnungen unterschiedlich verstanden werden. So ist ein einfacher Eigentumsvorbehalt nach deutschem Recht in vielen Staaten Lateinamerikas nur ein Pfandrecht, das zudem in verschiedenen Staaten der Registrierung bedarf. Selbst in Frankreich ist ein verlängerter Eigentumsvorbehalt nicht möglich. Unterschiede ergeben sich ebenfalls zwischen Frankreich und Belgien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika sowie zahlreichen wichtigen Industriestaaten.
Grundsätzlich können Vertragspartner ein bestimmtes Recht ihrer Wahl vereinbaren. Hierbei haben sie insbesondere zu beachten, dass die Vereinbarung eines bestimmten Rechts den Formvorschriften der jeweils betroffenen Rechtsordnungen genügen muß. Eine Rechtswahl im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) muss zumindest durch den Vertragspartner verstanden werden können. Dies setzt eine allgemeine Geschäftsbedingung in einer gängigen Fremdsprache, möglichst in der Landessprache voraus.
Zu beachten ist stets, dass zwingende Vorschriften des deutschen wie des ausländischen Rechts nicht verletzt werden dürfen.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein nationaler Richter mit dem Fall später befasst wird. Die Rechtswahlfreiheit wird ferner eingeschränkt durch Vorschriften über Verbraucherverträge und Arbeitsverträge. Schließlich ergeben sich Einschränkungen durch das Gebot zur einheitlichen Auslegung der Rechtsordnung sowie durch den Vorbehalt des sogenannten “ordre public”, den man auch als die guten Sitten verstehen darf. Fairness ist ein Verkaufsargument im internationalen Wirtschaftsleben. Sich auf Spielregeln zu einigen, die beide Seiten kennen, gehört zur Fairness.
Ohne besondere Regelung gilt heute für deutsche Exportverträge ein internationaler Staatsvertrag, das Wiener Übereinkommen über den internationalen Warenkauf (UN-Kaufrecht / CISG). Nach der Reform vom 1. Januar 2002 ist das BGB dem UN-Kaufrecht angeglichen, das UN-Kaufrecht sollte ohne Not nicht ausgeschlossen werden – schon gar nicht, um unbekanntes nationales ausländisches Recht zu vereinbaren.
Beim trotzdem gewünschten Ausschluss des UN-Kaufrechts ist folgendes zu beachten:
Beispiel: Firma A hat ihren Sitz in der Schweiz und Firma B in Deutschland. Zwischen den Firmen wird ein Vertrag geschlossen, und bei Abschluss des Vertrages übersendet A der B eine Rechnung mit folgendem Zusatz: “Alle Transaktionen und Verkäufe unterliegen dem Recht der Schweiz”.
Durch diese Formulierung kann kein Ausschluß des CISG erfolgen, weil die Bestimmung unwirksam ist. Allein die Bestimmung des schweizerischen Vertragsstatuts genügt nicht. Sie ist mehrdeutig, da auch nach dem Recht der Schweiz das CISG gilt.
Eine wirksame Vereinbarung liegt nur dann vor, wenn auf das maßgebliche schweizerische Gesetz verwiesen wird.
Der in schlechtbearbeiteten AGB gelegentlich noch zu findende – früher berechtigte – Ausschluß der Haager Einheitlichen Kaufgesetze ist überholt, da diese keine praktische Bedeutung mehr haben.
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