Vorsicht beim Kurzarbeitergeld

Durch die Coronakrise im Frühjahr 2020 stieg die Anzahl der Personen in Kurzarbeit zeitweilig über 10 Mio. Arbeitnehmer im April 2020 an. Gesetzesänderungen der Bundesregierung haben den Zugang zur Kurzarbeit erleichtert. Auch die Höhe der Leistungen wurden angepasst.

Dies sorgt dafür, dass die Einnahmeeinbußen der Arbeitnehmer abgefedert werden. Vielen Beziehern von Kurzarbeitergeld ist jedoch nicht bewusst, dass sie durch den Leistungsbezug im kommenden Jahr verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Hier wartet auf den einen oder anderen eine böse Überraschung.

Kurzarbeitergeld und Progressionsvorbehalt

Grundsätzlich ist das Kurzarbeitergeld steuerfrei. Allerdings unterliegt es wie alle Lohnersatzleistungen dem Progressionsvorbehalt. Das bedeutet, das Kurzarbeitergeld wird den anderen laufenden Einkünften hinzugerechnet und hierauf der Steuersatz ermittelt. Dieser Steuersatz wird zur Ermittlung der Steuer auf die laufenden Einkünfte herangezogen. Dieser erhöhte Steuersatz wurde bei der Ermittlung der Lohnsteuer, die monatlich einbehalten wird, noch nicht berücksichtigt. Auch für andere Einkunftsarten neben dem Arbeitslohn steigt der Steuersatz. Vorab berechnete Einkommensteuervorauszahlungen reichen oft nicht aus.

Je höher das Kurzarbeitergeld ausfällt, desto höher wird sich der Progressionsvorbehalt auswirken. Im Falle einer Zusammenveranlagung wirkt sich das Kurzarbeitergeld auch auf den Steuersatz des Ehegatten aus. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Ehegatte Kurzarbeitergeld bezogen hat und der andere seinen Arbeitslohn nach Steuerklasse III versteuert hat. Zwar müssen Ehegatten mit Steuerklassen III und IV per se eine Steuererklärung abgeben, im Kurzarbeiterjahr fällt jedoch anteilig die Lohnsteuer weg, was sich negativ in der Jahressteuererklärung auswirkt.

Steuernachzahlung wegen Kurzarbeit?

Der Bund der Steuerzahler hat einige Beispielsfälle durchgerechnet und kam zu folgendem Ergebnis: Entscheidend für das Entstehen einer Steuernachzahlung ist die Höhe der Kurzarbeit. Folglich ist bei einer 50% Kurzarbeit eher mit einer Einkommensteuernachzahlung zu rechnen als bei 100 % Kurzarbeit. Auch etwaige Aufstockungen des Arbeitgebers werden sich auf Nachzahlungen auswirken, da die laufenden Einkünfte steigen.

Die Zahl der Steuererklärungen wird also im Jahr 2021 erheblich zunehmen. Sofern sich die Steuerpflichtigen nicht steuerlich beraten lassen, endet die Erklärungsfrist nach derzeitigem Stand am 31.07.2021, für beratene Steuerpflichtige am 28.02.2022. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzämter mit der Flut an Steuererklärungen umgehen werden. Der Vorschlag der FDP, für das Jahr 2020 die Erklärungspflicht bei Kurzarbeitergeld auszusetzen, wurde im Bundestag bereits abgelehnt.

Ratsam: Rücklagen angesichts etwaiger Steuernachzahlung

Fazit: Das Kurzarbeitergeld hat in der aktuellen Krise viele Unternehmen vor dem Aus bewahrt und viele Arbeitsplätze zumindest vorerst gesichert. Ein Teil der aktuellen Steuerausfälle und der erhöhten Staatskosten durch die Krise werden durch Steuernachzahlungen im kommenden Jahr kompensiert. Es ist daher Empfängern von Kurzarbeitergeld zu empfehlen, etwas Geld auf die Seite zu legen und sich mit einem Lohnsteuerhilfeverein oder einem Steuerberater in Verbindung zu setzen.


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