Erstattung von Werklohn im Dreiecksverhältnis.
Bei größeren Bauvorhaben ist es üblich, die Bauleitung einer Firma zu übertragen. Durch die Bauleitung wird ein Leistungsverzeichnis erstellt und für die jeweiligen Gewerke Angebote eingeholt. Dabei kann es dazu kommen, dass für einzelne Gewerke mit unterschiedlichen Unternehmen gearbeitet wird, mit denen regelmäßig ein eigenständiger Bauvertrag auf Basis des Leistungsverzeichnisses geschlossen wird.
Einzelne Gewerke können dabei ineinander greifen, wobei der Inhalt der jeweiligen Bauverträge den einzelnen Unternehmen wechselseitig nicht zwingend bekannt sein muss. Nimmt ein Unternehmer die Dienste eines anderen Unternehmers in Anspruch, ist für den Werklohn im Innenverhältnis nicht auf das Leistungsverzeichnis oder den eigenen Bauvertrag abzustellen. Vielmehr wäre ein eigener Vertrag zwischen den beiden Firmen abzuschließen.
Mit dieser Frage hat sich das Landgericht (LG) München am 29. Juli 2009 befasst (Aktenzeichen 10 O 3621/08). Das Gewerk der Klägerin umfasste die Rohbauarbeiten. Nach dem Leistungsverzeichnis schuldete die Klägerin die Stellung eines Krans, auf den auch die weiteren, am Bauvorhaben beteiligten Unternehmen zurückgreifen sollten. Im Leistungsverzeichnis zwischen dem Bauherrn und der Klägerin war ein fester Stundensatz als Werklohn für anfallende Kranführerstunden enthalten. Die Kranführerstunden sollten aber nicht gegenüber dem Bauherrn, sondern direkt mit den anderen Firmen abgerechnet werden.
Die Beklagte, die als Abrissunternehmen am Bauvorhaben beteiligt war, verfügt grundsätzlich über einen eigenen Kran mit Bedienpersonal. Bei den Bietergesprächen mit dem Bauherrn wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Krangestellung bauseits erfolgt und durch die Mitbenutzung eventuell Minderkosten entstehen. Offen geblieben war die Frage des Bedienpersonals. Hierzu wurde im Bauvertrag zwischen dem Bauherrn und dem Abrissunternehmen keine Regelung getroffen. Ein Hinweis darauf, dass Werklohn für die von der Klägerin erbrachten Kranführerstunden fällig werde und in welcher Höhe der Werklohn liege, war im Vertrag ebenfalls nicht enthalten.
Gespräche zwischen den beiden Unternehmen über den Werklohn und die Einzelheiten der Abrechnung fanden vor der Durchführung der Arbeiten nicht statt. Die insgesamt geleisteten Kranführerstunden wurden dem Abrissunternehmen nach Beendigung der Arbeiten in Rechnung gestellt. Unter Hinweis auf ein fehlendes Vertragsverhältnis wurden außergerichtlich keine Zahlungen für den Werklohn erbracht. Das Abrissunternehmen berief sich darauf, dass nach ihrem Vertrag die bauseitige Gestellung des Krans vereinbart war, was auch die Kranführerstunden beinhalten würde.
Das LG München hat der Klägerin dennoch einen Anspruch auf Erstattung der Kranführerstunden zugesprochen. Zunächst wurde von Seiten des Gerichts klargestellt, dass kein Vertrag zwischen den beiden Parteien bestand. Die Inanspruchnahme des Krans und der Kranführerstunden wurde auch nicht als mündlicher Auftrag gewertet. Aufgrund des Vertrages mit dem Bauherrn war die Klägerin zur Erbringung der Leistung verpflichtet und hat insoweit ein eigenes Geschäft geführt.
Den erbrachten Kranführerstunden stehen ersparte eigene Aufwendungen auf Seiten des Abrissunternehmens gegenüber. Durch den Vertrag zwischen der Klägerin und dem Bauherrn konnte diese davon ausgehen, dass die Leistung an das Abrissunternehmen zu erbringen und von diesem zu vergüten gewesen ist.
Dem Einwand, dass die Krangestellung auch die Gestellung eines Kranführers beinhaltet, hat sich das Gericht nicht angeschlossen. Für die Frage der Zweckvorstellung des Zuwendenden kommt es nach objektiver Betrachtungsweise darauf an, wie eine vernünftige Person die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte. Hieraus leitet das Gericht ab, dass das beklagte Abrissunternehmen gerade nicht davon ausgehen durfte, die Klägerin erbringe keine Leistung für sie, sondern erfülle eine dem Bauherrn geschuldete und von diesem zu vergütende Leistung. Darauf, dass der Beklagten der Inhalt des Leistungsverzeichnisses zwischen der Klägerin und dem Bauherrn nicht bekannt gewesen ist, kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht an. Der Gestellung von Gerätschaften und Bedienpersonal ist regelmäßig ein eigener Wert beizumessen.
Das Gericht hat ergänzend festgestellt, dass beim Bietergespräch zwischen dem Abrissunternehmen und der Bauleitung auch nicht auf die Frage des Kranführers und dessen Werklohn, sondern lediglich auf die Frage der Krangestellung eingegangen worden sei.
Die gegen die Entscheidung eingelegte Berufung wurde nach Hinweis des Oberlandesgerichts (OLG) München zurückgenommen. Das OLG München hat in seinem Hinweisbeschluss ergänzend ausgeführt, dass die Gestellung von Kran- und/oder Kranführer grundsätzlich zwei unterschiedliche Leistungen sind, die unterschiedlich abgerechnet werden können.
Unternehmen sind also gut beraten, vor Tätigkeiten für ein anderes, am Bauvorhaben beteiligtes Unternehmen insbesondere Fragen über den Werklohn und die Vergütung zu klären. Da mit jedem Unternehmen eigene Leistungsverzeichnisse ausgehandelt werden, kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass der Inhalt des eigenen Vertrages anderen Firmen bekannt ist. Die Beauftragung und die Frage der Vergütungspflicht sollten sinnvollerweise schriftlich fixiert werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Die Gespräche und Verhandlungen sollten direkt zwischen den Beteiligten und nicht über den Umweg der Bauleitung erfolgen.
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