Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde Ende des vergangenen Jahres die Grunderwerbsteuerbefreiung für die Zuteilung eines Grundstücks in den Verfahren der Baulandumlegung neu geregelt. Dabei wurde eine neue Nichtaufgriffsgrenze in Höhe von 20 Prozent für sog. Mehrzuteilungen eingefügt. Die Obersten Finanzbehörden der Länder haben dies zum Anlass genommen, ihre Verwaltungsanweisung zu § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b des Grunderwerbsteuergesetzes anzupassen.
Die neuen Vorgaben der Verwaltung sind auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 28. Dezember 2020 verwirklicht werden.
Hintergrund: Im Grunderwerbsteuergesetz heißt es nach der Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2020: Ausgenommen von der Grunderwerbsteuer ist der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Baugesetzbuch bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist. In diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 Prozent übersteigt.
Bei der Baulandumlegung sind drei Verfahren zu unterschieden:
Nach § 45 des Baugesetzbuches (BauGB) können zur Erschließung oder Neugestaltung von Gebieten bebaute und unbebaute Grundstücke durch Umlegung in der Weise neu geordnet werden, dass nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke entstehen. Mit der Bekanntmachung des Zeitpunkts der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans oder der vorweggenommenen Entscheidung mit Einverständnis der betroffenen Rechtsinhaber erfolgt danach der Eigentumsübergang der zugeteilten Grundstücke an die Zuteilungsbegünstigten kraft Gesetzes.
In diesem Fall unterliegt der Übergang des Eigentums an einem inländischen Grundstück der Grunderwerbsteuer, wenn und soweit die zugeteilten Grundstücke mit den eingebrachten Grundstücken nicht identisch, das heißt flächen- und deckungsgleich, sind.
Der Übergang des Eigentums ist allerdings bis zur Höhe des Sollanspruchs grunderwerbsteuerfrei (also bei einer Minderzuteilung und bei einer wertgleichen Zuteilung), wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist.
Übersteigt der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung, liegt eine Mehrzuteilung vor. Die Mehrzuteilung umfasst den Teil der Zuteilung, der den Sollanspruch übersteigt.
Tipp: Eine Mehrzuteilung ist nach der Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2020 grunderwerbsteuerfrei, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch nicht um mehr als 20 Prozent übersteigt. In diesen Fällen wird von einer unwesentlichen Mehrzuteilung gesprochen. Erfolgt dagegen eine Zuteilung, die den Sollanspruch um mehr als 20 Prozent übersteigt (also bei einer wesentlichen Mehrzuteilung), ist die gesamte Mehrzuteilung, das heißt die Differenz zwischen der Zuteilung und dem Sollanspruch, grunderwerbsteuerpflichtig.
Die vereinfachte Umlegung, die in den §§ 80 bis 84 BauGB geregelt ist, ist ein Bodenordnungsverfahren, bei dem benachbarte oder in enger Nachbarschaft liegende Grundstücke oder Grundstücksteile neu geformt werden. Die Lage und Größe der Grundstücke oder Grundstücksteile wird dabei nur unwesentlich verändert. Zweck der vereinfachten Umlegung ist die Erschließung oder Neugestaltung von baulich zu nutzenden Grundstücken.
Die vereinfachte Umlegung ist im Gegensatz zur gesetzlichen (förmlichen) Umlegung im Sinne der §§ 45 ff. BauGB eingeschränkt, um in einfachen Fällen schnell und mit wenig Verwaltungsaufwand Bodenordnungen durchführen zu können.
Mit der Bekanntmachung des Zeitpunkts der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans erfolgt hier der Eigentumsübergang der zugeteilten Grundstücke an die Zuteilungsbegünstigten kraft Gesetzes.
Auch hier gilt: Der Übergang des Eigentums an einem inländischen Grundstück unterliegt der Grunderwerbsteuer, wenn und soweit die zugeteilten Grundstücke mit den eingebrachten Grundstücken nicht identisch, das heißt flächen- und deckungsgleich, sind. Was die Ausnahme von der Besteuerung und die Nichtaufgriffsgrenze in Höhe von 20 Prozent für sog. Mehrzuteilungen angeht, gelten ebenfalls dieselben Regeln wie bei dem gesetzlichen, förmlichen Umlegungsverfahren. Voraussetzung ist auch beim vereinfachten Umlegungsverfahren, dass der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist.
Die freiwillige Baulandumlegung umfasst Rechtsgeschäfte zur Vermeidung einer förmlichen Umlegung nach dem BauGB. Ein Beispiel ist der städtebauliche Vertrag. Dabei übertragen die Umlegungsteilnehmer regelmäßig Grundstücke auf eine als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründete Umlegungsgesellschaft. Nach Durchführung der Umlegung werden die neu gebildeten Grundstücke von der Umlegungsgesellschaft wiederum auf die Umlegungsteilnehmer übertragen.
Die Übertragung der Grundstücke auf die Umlegungsgesellschaft und die Übertragung der neu gebildeten Grundstücke auf die Umlegungsteilnehmer unterliegen jeweils der Besteuerung.
Bei diesem Verfahren kommt die Ausnahme von der Besteuerung nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b des Grunderwerbsteuergesetzes nicht zur Anwendung. Grundstücksübertragungen im Rahmen einer freiwilligen Baulandumlegung sind nicht von der Besteuerung ausgenommen.
Die Obersten Finanzbehörden der Länder verweisen in ihrer Verwaltungsanweisung darauf, dass diese unterschiedliche grunderwerbsteuerliche Behandlung der gesetzlichen und der freiwilligen Baulandumlegung nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2015 mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes vereinbar ist.
Bei der freiwilligen Baulandumlegung ist zu beachten, dass die Grunderwerbsteuer nach § 5 Absatz 1 oder 2 GrEStG für die Grundstücksübertragung auf die Umlegungsgesellschaft in Höhe des Anteils nicht zu erheben ist, zu dem der einzelne Umlegungsteilnehmer am Vermögen der Umlegungsgesellschaft beteiligt ist. Dieser Anteil entspricht in der Regel dem Verhältnis des Werts seines auf die Umlegungsgesellschaft übertragenen Grundstücks zum Wert aller die Umlegungsmasse bildenden Grundstücke.
Die Grundstücke bilden nach der Übertragung auf die Umlegungsgesellschaft nur noch ein Grundstück, wenn zwischen den Grundstücken ein räumlicher Zusammenhang besteht. Durch das Umlegungsgebiet verlaufende Straßen heben einen räumlichen Zusammenhang nicht auf. Wird ein im Umlegungsverfahren durch Teilung neu entstandenes Grundstück auf einen Umlegungsteilnehmer übertragen, wird die Grunderwerbsteuer nicht erhoben, soweit der Wert des Teilgrundstücks dem Anteil entspricht, mit dem der Umlegungsteilnehmer am Vermögen der Umlegungsgesellschaft beteiligt ist.
Die Steuervergünstigung des § 5 Absatz 2 GrEStG bei Einbringung der Grundstücke in eine Umlegungs-GbR ist nicht rückgängig zu machen, wenn die neu gebildeten Grundstücke nach Durchführung der Umlegung von der Umlegungs-GbR wieder auf die Umlegungsteilnehmer übertragen werden und die Umlegungs-GbR aufgelöst wird. In diesem Fall ist eine Missbrauchsgestaltung objektiv ausgeschlossen.
Tipp: Die Grunderwerbsteuer ist weder für die Grundstücksübertragung auf die Umlegungsgesellschaft noch für die Übertragung der neu gebildeten Grundstücke auf die Umlegungsteilnehmer anteilig zu erheben, wenn das durch den Umlegungsteilnehmer erworbene Grundstück teilweise aus dem eigenen, in die Umlegungsmasse eingebrachten Grundstück gebildet wurde.
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