Besteuerung eines Promotionsstipendiums

Leistungen aus einem Promotionsstipendium können der Einkommensteuer unterliegen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Stipendiat eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat und keine Steuerbefreiungsvorschrift eingreift.

Leistungen aus einem Stipendium, die keiner gegenüber den sonstigen Einkünften i.S. von § 22 EStG vorrangigen Einkunftsart zuzuordnen sind, sind als wiederkehrende Bezüge gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 bzw. Satz 3 Buchst. b EStG steuerbar, wenn der Stipendiat für die Gewährung der Leistungen eine wie auch immer geartete wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat (Anschluss an Senatsurteil vom 08.07.2020 - X R 6/19, BFHE 269, 556, BStBl II 2021, 557, Rz 28 ff., 36).

Die Anwendung von § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG setzt nicht die Feststellung voraus, dass der Stipendiengeber im konkreten Einzelfall keine steuerliche Entlastung hinsichtlich der Zahlungen an den Stipendiaten erfahren hat.

Ein von öffentlicher und privater Hand gemeinsam finanziertes Stipendium ist jedenfalls insoweit nicht gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerbefreit, als es unmittelbar von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, das nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllt, gezahlt wird.

EStG § 3 Nr. 44 Sätze 1 und 2, § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 Halbsatz 1

Hintergrund: Leistungen aus einem Promotionsstipendium können der Einkommensteuer unterliegen. Dies ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) jedenfalls dann der Fall, wenn der Stipendiat eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat und keine Steuerbefreiungsvorschrift eingreift.

Die Klägerin promovierte an einer Universität im Bundesland X. Zwecks Förderung akademischer Nachwuchskräfte wurde die Klägerin während ihrer Promotionszeit aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) mit monatlich 800 € unterstützt. Nach Maßgabe der Vergabebedingungen beteiligte sich ein in X ansässiges privatwirtschaftliches Unternehmen in gleicher Höhe an der Finanzierung des Promotionsvorhabens und zahlte der Klägerin somit ebenfalls monatlich 800 €. Die Klägerin war verpflichtet, ihre Arbeitskraft ausschließlich der Promotion zu widmen und hierüber Nachweise zu erbringen. Zudem unterlag sie hinsichtlich der Ergebnisse ihres Promotionsprojekts einer fünfjährigen Ausübungs- und Verwertungspflicht in X. Das Finanzamt (FA) besteuerte den aus Mitteln des ESF gezahlten Teil des Stipendiums nicht. Die vom Unternehmen bezogenen Zuwendungen sah das FA dagegen als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte an. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Der BFH hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zurück. Dem BFH genügten die vom FG bislang getroffenen Feststellungen nicht, um abschließend zu entscheiden, ob die gesamten - miteinander verknüpften - Leistungen aus dem Stipendium einem Steuertatbestand unterliegen. Die im Streitfall einzig in Betracht zu ziehenden Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setzten voraus, dass die Klägerin für die Gewährung der Leistungen aus dem Stipendium eine - wie auch immer geartete - wirtschaftliche Gegenleistung hätte erbringen müssen. Zwar stellte der BFH klar, dass die von der Klägerin für die Promotion aufgewandte Arbeitszeit keine relevante Gegenleistung gewesen sei. Weiterer Sachaufklärung durch das FG bedürfe aber, ob die im Zusammenhang mit der Förderung von Promotionen jedenfalls nicht allgemeinübliche Pflicht, die aus dem Vorhaben gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse innerhalb einer bestimmten Frist ausschließlich im Geber-Bundesland beruflich zu verwerten, als wirtschaftliche Gegenleistung oder als bloße Erwartungshaltung einzustufen sei.

Eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 44 EStG könne – so der BFH weiter – nur hinsichtlich des aus dem ESF finanzierten Teils des Stipendiums gewährt werden. Soweit der Klägerin in gleicher Höhe von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen Zahlungen zugeflossen seien, handele es sich nicht um öffentliche Mittel im Sinne dieser Vorschrift.

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 14.11.2019 - 4 K 234/18 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Nürnberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Quelle:

Bundesfinanzhof | Urteil vom 28.09.2022 | Aktenzeichen:X R 21/20

Vorinstanz:

FG Nürnberg | Urteil vom 14.11.2019 | Aktenzeichen:4 K 234/18


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